Hier ist etwas: Die dickste Muschel, die ich je gesehen habe, handtellergroß, abgerundet und weich und überraschend schwer. Ich habe sie gefunden in einem Verschenkehaufen auf meiner Straße, in dem ausgeschütteten Leben einer alten Frau, die dement wurde und daraufhin in ein Pflegeheim umgezogen wurde.

Das ist gleichzeitig sehr traurig und irgendwie berührend. Der grobe Umgang mit den persönlichen Gegenständen und Erinnerungsstücken einer lebenden Person greift mir ganz kalt an das Herz. Die dünne Schönheit, die darin liegt, dass ich diese Muschel nun aus dem öffentlichen Raum wieder in einen privaten überführen kann, dass sie bei mir weiterleben und weiterbefühlt werden darf, wärmt es mir wieder etwas. Ich darf Sorge tragen, wenn auch nicht für diesen Mensch, den ich nicht kennengelernt habe, sondern für eine Handvoll seiner nicht-menschlichen Begleiter.

Natürlich werde ich an diesen Mensch denken, wenn ich die Muschel in die Hand nehme, werde daran denken, was ihre Nachbarin von ihr erzählte, die mit mir auf der Straße stand und die traurig und wütend war über den Haufen, über diese Würdelosigkeit. Werde an die vielen anderen Muscheln denken und die glitzernden Steine, gesammelt in Plastiktüten und Taschentuchverpackungen in einem Schuhkarton, jeweils mit kleinen Zetteln, auf denen der Fundort geschrieben steht, in Kuli mit einer Schrift, die mich an die Schrift oder den Kugelschreiber meiner Großmutter erinnert.

Hier ist noch etwas: Ein Beutel aus dem gleichen Haufen, einer von mehreren, einer, der mir besonders gefallen hat. Er ist weich und klein, und ich weiß noch nicht, was ich hinein legen werde. Beutel sind wichtig für mich, und werden immer wichtiger, und ich habe in den letzten Wochen und Monaten einen großen Beutel geschrieben und gestern auf Reisen geschickt, und darin dingt und dongt allerhand aneinander.

Wie auf einer Straße, wie am Eck beim Kiosk, wie auf einer Parkbank in dem winzigsten ödesten Park. Du musst nur lange genug hinschauen, dann findest du überall die weirden Menschen, oder ihre Spuren, das lerne ich in diesen Tagen, in denen es besonders tröstlich ist, das zu lernen. In denen ich mich besonders daran erinnern will und muss, dass wir alle hier dazu gehören, keine Ausnahme, dass wir alle verwandt sind.