intersektionaler Feminismus

Feminismus bedeutet für mich der Kampf gegen das Patriarchat, geführt von allen, die unter dem Patriarchat leiden (also natürlich nicht nur von Frauen, und natürlich nicht nur von Cis-Frauen).

Der Begriff Intersektionalität kommt von dem englischen „intersectional“ für Überlappungen, Überschneidungen. Geprägt hat diesen Begriff Ende der 1980er Jahre die amerikanische Juristin Kimberlé Crenshaw. Den Gedanken gibt es schon länger, zum Beispiel 1928 bei Clara Zetkin in ihrem Text Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands: „Geschlechtsunfreiheit und Klassensklaverei gestalten in enger Verschlingung das leidbeschwerte Dasein der Proletarierinnen“.Für mich ist Feminismus zwingend intersektional, das heißt ein Feminismus, der verschiedene Unterdrückungsformen berücksichtigt und wie sie sich schichten und verstärken. Das bedeutet, dass zum Beispiel eine Transfrau am Rand der Armut oder eine bisexuelle Frau, die auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, oder eine Schwarze Frau im Rollstuhl Diskrimierungen sehr unterschiedlich, aber auf jeden Fall mit ungleich größerer Wucht erleben als eine weiße Mittelschichtsfrau ohne körperliche Einschränkungen.

Intersektionaler Feminismus berücksichtigt außerdem, wie sich verschiedene Unterdrückungsformen verstärken und ermöglichen, zum Beispiel wie der Kapitalismus und die Kolonialisierung Hand in Hand mit dem Patriarchat arbeiten und ausbeuten.

Diese Abgrenzung zu einem weißen Stöckelschuhpseudofeminismus, der keine grundlegenden Strukturen in Frage stellt, ist für mich extrem wichtig. Ich interessiere mich nicht für die Art von medientauglichem Feminismus, der nur dafür sorgen will, dass mehr Frauen in die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen kommen.

Intersektionaler Feminismus ist für mich eine Vision von tiefgreifender sozialer Gerechtigkeit.

In dieser Vision sind wir alle „normal“, im Sinne von „Alle Menschen haben das Recht zu existieren, gesehen und gehört zu werden“. Und somit ist es das komplette Gegenteil von dem, was der zum Schimpfwort verkommene Begriff „Identitätspolitik“ inzwischen oft meint – es ist eben kein Kampf, der einzelne Diskriminierungsarten gegeneinander ausspielt, sondern ein Kampf für ein gerechteres Leben für alle Menschen. Von dem alle Menschen etwas haben, für das viele Menschen vermutlich auf etwas verzichten müssen, von dem sie bisher glauben, dass es ihnen zusteht.

In dieser Vision ist außerdem klar, dass kein Mensch alle Diskriminierungsformen kennen kann. Somit ist genau so klar, dass wir uns gegenseitig zuhören und glauben müssen, um dann füreinander zu handeln und gegebenenfalls auch auf etwas verzichten zu können.