Ungleichheit sehen lernen

Wir müssen lernen, strukturelle Ungleichheit zu erkennen und zu benennen.

Viel zu oft rutschen wir in alte Geschichten davon, dass wir oder andere selber Schuld seien an ihrem Schicksal. Und selbst wenn es Elemente gibt, die du oder andere eigenverantwortlich in’s Leben gerufen haben und unter denen du oder sie jetzt leiden: Es ist meistens ein sowohl-als-auch, eine unordentliche Mischung aus Außen und Innen.

Und ja, an diesen verinnerlichten Geschichten von (Selbst-)hass und Vorwürfen müssen wir dringend arbeiten.

Und genau so wichtig ist der Blick auf die Strukturen, die uns alle umgeben und zutiefst prägen. Also den Kapitalismus, das Patriarchat, der strukturelle Rassismus, die Ablehnung und Diskriminierung von queeren Menschen, das diffuse gesamtgesellschaftliche Schuldgefühl, das viele Deutsche aufgrund der Nazizeit spüren, der im Gegensatz dazu nicht mal annähernd aufgearbeitete europäische Kolonialismus, die Brüche und Ungleichheiten, die die Wende mit sich brachte, die systematische Benachteiligung von kranken und körperlich eingeschränkten Menschen, die tiefsitzende Bevorzugung von Menschen, die einem bestimmten Schönheitsideal entsprechen usw – ein irres Geflecht von engst verwobenen Faktoren und „Ismen“, die sich hemmungslos gegenseitig bedingen und bestärken.

Diese Strukturen sind so oft für viele von uns unsichtbar und unscharf, denn wir schwimmen alle schon immer darin und kennen nichts anderes. Je mehr wir unser Auge und unsere Ohren und unser Herz schärfen, Symptome dieser Strukturen zu erkennen, umso besser sind wir gerüstet, gegen sie vorzugehen.

Wichtig dabei: Zu lernen, mit deinem Unbehagen umzugehen. Eine hilfreiche Frage dafür: Wer profitiert hiervon?