Inneres Wetter

Mein Wetterbericht für die kommenden Tage: Es wird ruhiger werden, in Teilen, in manchen Klimazonen, es wird länger dunkel sein, was schön ist, also auf eine schöne Art, ich werde mich gezeigt haben, ich habe mich so viel gezeigt, ich zeige mich jetzt gerade so sehr, und dann werde ich mich nicht zeigen, es wird ein Höhlenwetter, ein Rückzugswetter, ein klärender Wind vor allem, mit ein bisschen Regen vielleicht, aber vielleicht reicht auch schon das Rauschen in den Blättern, es wird hoffentlich kein allzu stürmischer Wind. Es wird eine Dunkelheit. Es wird eine Weite. Es wird eine Ruhe. Es wird einen Sternenschauer geben, vielleicht fliegt unbemerkt ein Komet vorbei. Ah, der Komet! Ah die Messer. Es wird Messer geben, und Geschnitztes. Es wird vielleicht wieder ein Zuhausegefühl geben, nach einem Moment der Orientierungslosigkeit. Es wird Freude da sein, ich sehe die Freude kommen, sie ist doch eigentlich schon da. Es wird Schamverarbeitung sein, was für ein Wetter ist das? Ein eher feuchtes, nebliges. Es gibt so viele gute Wetter, du wirst sie alle irgendwie mögen.

Was einer der vielen kleinen Herangehensweisen ist, mit denen ich meine Website und die Arbeit an ihr als Werkzeug für mich und meine Selbsterkundung nutze, und nicht „nur“ als ein nach außen gerichtetes Werkzeug.Ganz unten auf meiner Startseite ist ein Fach für mein inneres Wetter.

wetter1.png

Das macht mir besonders Freude und ich habe ein paar Gedanken dazu.

Denn wie ist das denn überhaupt mit dem INNEREN WETTER, wie weit kann ich das loslösen vom äußeren?

Oder stehen die immer in einem Zusammenhang, weil ich für innerliche Zustände äußere Bilder verwende und gleichzeitig immer von einem ganz konkreten Ausdruck dieser Bilder, also von einem spezifischen äußeren Wetter umgeben bin, das unweigerlich auf mich abfärbt?

Welche Elemente stehen mir wetterlich zur Verfügung:

Windstärke, Windgeräusche, Windgerüche, Temperatur, Helligkeit, Wolkenanzahl, Wolkenfarbe, Himmelsfarbe, Regenstärke, Regengeräusche, Regengerüche, Gewitterblitze, Gewitterdonner, Hagel, Schnee stürmend, Schnee fallend, Schnee liegend, Eis, Niesel, Nebel, Rauch, Raureif, Mondlicht, Sternenlicht, Kometenlicht, Sandstürme, Wirbelstürme, Windhosen, Regenbögen, Halos, Tau.

Aus diesen und den vergessenen weiteren Elementen also immer wieder neue Bilder finden für das, was in mir los ist.

Ohne dabei jede Trübung in mir mit einer Wolke abzubilden.

wetter2.png

Ist das eine Übung im in mich hinein Hören und mich Ent-orten, Ent-äußern, (eine PAZ) als Voraussetzung dafür, „eigene" Bilder zu finden (ganz meins, ganz meins) (Mainz ist eine Stadt am Rhein)?

Ist Inneres Wetter damit Emotional Work für mich selber, also eine Übung im mich mal nicht Einstellen und Einstimmen auf andere, bzw. das andere, hier verbildlicht durch das echte Wetter draußen?

(Aber ich mag diesen Wind einfach so gern.)

Und wann überrascht und unterbricht mich mein inneres Wetter mit einem unerwarteten Sonnenstrahl oder plötzlich einsetzendem Regen? Auch dieses Wetter kann ich nicht kontrollieren, die Zyklen sind nicht nur meine, die Luft in mir, die Windwirbel in meinen Fingerkuppen, wann etwas durchbricht, wann etwas erschauert.

42-innereswetter1.jpg 42-innereswetter2.jpg 42-innereswetter3.jpg 42-innereswetter4.jpg 42-innereswetter5.jpg

Und ich sammle zum inneren Wetter, vieles kommt aus Gigantic Cinema, was ich noch nicht real bei mir habe, aber in das ich online mit Freude hinein gelesen habe, Fäden darin aufpickend und weiterverfolgend.

Zum Beispiel

W.S. Graham

Enter a cloud.

und

Henry David Thoreau

A meteorological journal of the mind. You shall observe what occurs in your latitude, I in mine.

und

Virgina Woolf

Immeasurable resources are used for some purpose which has nothing to do with human pleasure or human profit. If we were all laid prone, frozen, stiff, still the sky would be experimenting with its blues and golds.

Aus dieser Ausstellung kam der Faden zu Eve Kosofsky Sedgwick in The Weather in Proust:

wetter-sedgwick.png

Der Ursprungsimpuls kam vermutlich zu mir von dieser Zeichenanleitung für Kinder.

Oder von diesem Buch, das ich vor einer Weile auf der Straße gefunden habe:

wetter-buch.jpg

Und bestimmt auch von dem sehr tollen Buch Weather von Jenny Offill und den Wetterelementen bei Texte zum Nachdenken.


siehe auch diese Sammlung auf Are.na


Verlinkt von