Ich bin auch fremd

Ich denke an einen Abend, als wir zu dritt um einen kleinen Tisch saßen und jede:r von uns aufzeigte, auf welche Art unsere Herkunft verhindert hat, dass wir das Gefühl haben, dazu zu gehören.

Ich war auch vehement, als es um meinen Hintergrund ging, weil ich so oft falsch gelesen werde, weil es auf manchen Ebenen keinen Unterschied macht, ob ein Vater einen Doktortitel hat oder nicht, weil meine Eltern nicht „bildungsfern“ sind und ich trotzdem nicht studiert habe und ich mich nach wie vor Lichtjahre entfernt fühle von den Geisteswissenschaftler:innen um mich und ihren theoretischen Diskursen und den Gedankengebäuden, auf die sie sich stützen können.

Akademische Codes und Erwartungen sind das eine, finanzielle und örtliche Stabilität das andere, und letztendlich haben doch eh die wenigsten so richtig das Gefühl, dazu zu gehören, ein Teil zu sein – das haben wir großartig vermasselt, alle miteinander, alle Eltern und Großeltern und deren Großeltern miteinander.

Es ist ein Ego-Thema, wenn wir versuchen aufzuzeigen, welche Schwierigkeiten wir überwinden mussten, um dort anzukommen, wo wir heute sind, und dieses Spiel wollten wir eigentlich alle nicht spielen und wir wollten alle einfach gesehen und verstanden werden. Und wir saßen dort zu dritt, nicht alleine, das war das eigentlich Entscheidende daran: einer weinte und keiner ging weg.