Nicht mitgemeint

Inhaltsbeschreibung: Frauenhass und Gewalt gegen Frauen+

Das hier ist eines einer endlosen Anzahl von Beispielen für dieses Phänomen, zufällig ausgewählt, weil gerade das aktuellste.Nach einer anstrengenden und intensiven Woche freue ich mich, dass ich mir auf filmfriend entspannt die schön skurril wirkende Arthouse-Komödie Wrong von Quentin Dupieux anschauen kann. Die ich zuerst wirklich ziemlich lustig finde, und die dann sehr zügig und direkt entgleist und in Frauenhass gipfelt.

Ich sitze da also auf dem Sofa, feiere die trocken erzählte Geschichte von dem Mann, dessen Hund verschwindet und dessen Palme im Garten plötzlich ein Tannenbaum ist, bin angeregt von den Kameraeinstellungen und der eingesetzten Musik und den weirden Dialogen. Merke allmählich, dass mal wieder nur cis-männliche Figuren tragende Rollen spielen, und dass auch dieser Film den Bechdel-Test vermutlich nicht bestehen wird. Versuche das abzuschütteln und zu ignorieren, es ist Freitag Abend, ich will eigentlich gerade nicht mehr über sowas nachdenken. Muss mich etwas stärker konzentrieren, um es weiter lustig zu finden. Dann geht es dermaßen schnell bergab, dass ich zuerst gar nicht begreife, was da passiert: Die einzige weibliche Figur (neben einer bösartigen Kollegin und einer bösartigen Chefin, die am Rand auftauchen) ist ein strahlend-sexy dauerlächelndes Wesen, das beide männlichen Hauptfiguren anhimmelt und sie, obwohl sie sehr unterschiedlich aussehen, nicht unterscheiden kann, die nach einer gemeinsam verbrachten Nacht schwanger wird, am Tag darauf Wehen bekommt und an den Strand gefahren will, um das Kind zu gebären, dort wird sie von dem einen Protagonisten brutal umgebracht, während sie weiter lächelt. Diese Szene war dann nur ein „Traum“ des Protagonisten, der selber schon tot ist, und der gesamte Abschnitt trug absolut nichts zum eigentlichen, ohnehin etwas dünnen, Plot des Filmes bei.

Note to self: Filme, in denen Frauen+ durchgehend dumm und Männer anhimmelnd oder böse gezeigt werden, muss ich nicht zu Ende schauen.

Jetzt ist das ja alles weithin bekannt und besprochen, dass es Kulturerzeugnisse von (reichen alten weißen) Männern gibt, die höchst problematisch sind, und dass das leider die Kulturerzeugnisse sind, die uns allen im größten Maße zur Verfügung stehen.

Und ich habe trotzdem Fragen an dieser Stelle: Warum ist dieser Film auf dem Filmportal der Bibliotheken, und zwar ohne irgendeine Einordnung oder Inhaltswarnung? Warum finde ich bei einer kurzen Netzsuche keinen einzigen Hinweis darauf, dass andere Menschen diesen Aspekt des Filmes auch problematisch fanden? Der Film kam wohl nicht mega gut an, das wird klar, aber viele (männliche) Kritiker fanden ihn entweder ganz gut oder kritisierten filmhandwerkliche Themen.

Das alles führt dazu, dass mein Erleben eines solchen Filmes ist: Freude und Entzücken über eine schön weirde Entdeckung → einsetzende Ernüchterung und der Versuch, sie zu ignorieren → Wut und Traurigkeit und Entsetzen über die darin reproduzierte und gefeierte extreme Frauenverachtung → das Gefühl, in diesem Moment völlig alleine mit dieser Einschätzung zu sein.

So fühlt sich „nicht mitgemeint“ an.

So spüre ich in jeder Zelle meines Körpers: Dieser Film ist nicht für dich gemacht, du kannst den Anfang so gut finden, wie du willst und so entsetzt sein über das Ende, wie du willst, du und deine Empfindungen interessieren mich als Filmemacher nicht.

Ich muss also wachsam bleiben, obwohl ich mich eigentlich einfach nur entspannen will. Ich würde gerne auch einfach nur eine filmische Idee feiern oder diskutieren, und mir bleibt das Lachen und jedes Wort im Halse stecken, weil da noch so viel anderes passiert, das weder fass- noch tragbar ist.

Obwohl das eigentlich komplett offensichtlich sein müsste, zur Sicherheit nochmal ausbuchstabiert: Wir sprechen hier über einen Film. Ich lag auf dem Sofa und war in keiner körperlichen Gefahr, ich habe das verdammt große und sehr zufällige Glück, dass mich solche Szenen zwar beschäftigen und belasten, aber nicht komplett triggern. Und gleichzeitig sind es unter anderem genau diese völlig unreflektierten, sinnlos gewaltvollen Erzählungen (und die fehlende Sichtbarkeit der kritischen Kommentare dazu), die Gewalt an Frauen+ normalisieren. Mit diesem schicken Arthouse-Film dann eben auch für den Großstadt-Hipster, der sich viel zu clever fühlt für Mainstream und Hollywood.

Und diese Gewalt wird auf diese Weise genauso auch für Frauen+ normalisiert, zusammen mit dem Gefühl, selber keine Rolle zu spielen. Was natürlich eine super Mischung ist, um sich zum Beispiel nach einem Übergriff aktiv zu wehren und / oder in die Öffentlichkeit damit zu gehen.

Alles schon tausend Mal geschrieben, ich weiß, und es reicht trotzdem noch lange nicht.

[Siehe auch Patriarchat und Ein Mann kann natürlich ein Feminist sein]